3.1 Unternehmensverfassung
Leitfragen – Lösung
Die Unternehmensverfassung, heute oftmals auch als Corporate Governance bezeichnet, beinhaltet die Regeln für die Leitung und Überwachung in einem Unternehmen.
Bei der Gestaltung dieser Regeln ist dabei zunächst die Fragestellung zu klären, wessen Interessen die Zielsetzung und Politik des Unternehmens bestimmen soll. Ein Unternehmen hat eine Vielzahl unterschiedlicher Anspruchsgruppen (Stakeholder), die in einer Beziehung zu dem Unternehmen stehen und das Handeln des Unternehmens beeinflussen sowie von diesen Handlungen auch betroffen sind. Als typische Anspruchsgruppen werden dabei für gewöhnlich die Eigentümer, Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, das Management, die Kunden, Lieferanten aber auch die Allgemeinheit angeführt. Diese Stakeholder haben unterschiedliche und teilweise auch widersprüchliche Ansprüche an das Unternehmen. Im Falle einer Restrukturierung kann für die Mitarbeiter beispielsweise ein Erhalt der Arbeitsplätze zentral sein, während die Eigentümer gegebenenfalls eine Verbesserung der Ertragssituation des Unternehmens stärker im Fokus haben. Die Komplexität wird dadurch noch weiter erhöht, dass innerhalb dieser Anspruchsgruppen die Interessen oftmals inhomogen sind. Bei den Eigentümern einer Aktiengesellschaft können beispielsweise „Großaktionäre“ abweichende Interessen von den „Kleinaktionären“ haben. Bei den Mitarbeitern kennen des Weiteren viele Betriebsräte die Problematik unterschiedlicher Interessen von Innen- und Außendienst oder von den Mitarbeitern unterschiedlicher Standorte. Es ist deshalb zunächst essentiell, die Frage zu klären, wessen Interessen wie stark berücksichtigt werden sollen. Diese Frage wird beispielsweise bezüglich der Mitarbeiter in den USA anders beantwortet als in Deutschland, weshalb der Staat in Deutschland wesentlich stärkere Einflussrechte der Mitarbeiter in den Betrieben per Gesetz vorgesehen hat als in den USA.
Die darauf aufbauende anschließende und zweite Leitfrage ist dann, wie die formale Entscheidungsstruktur des Unternehmens entsprechend interessenkonform gestaltet werden kann. Dies beinhaltet Regelungen wie, wer im Unternehmen Entscheidungen treffen kann und von wem diese Entscheider kontrolliert werden, wie die Entscheidungsprozesse abzulaufen haben und wer im Unternehmen und dessen Umfeld welche Informationsrechte hat. Im Detail beinhaltet dies dann eine Vielzahl von Regelungen: Muss die Geschäftsführung einstimmig entscheiden oder reicht eine Mehrheit? Sitzen Vertreter der Mitarbeiter in den Kontrollgremien? Wie viele? Wie werden diese bestimmt? Mit welchem zeitlichen Vorlauf müssen die Aktionäre zur Hauptversammlung geladen werden? Müssen die Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung über die geplanten Beschlussfassungen informiert werden? …