3.4 Personalmanagement
Personalauswahl II – Lösung

a)
Die Bedeutung eines Anschreibens lässt sich am besten an einem Negativbeispiel darstellen, dass tatsächlich so als Anschreiben bei einer Bewerbung eingereicht wurde:

ie man sich denken kann, wurde dieser Bewerber damals nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die übrigen eingereichten Bewerbungsunterlagen wurden noch nicht einmal weiter „gesichtet“. Das Anschreiben ist nämlich die erste Unterlage, die von einem Personalreferenten bei den Bewerbungsunterlagen betrachtet wird. Aus dem Anschreiben muss klar hervorgehen, dass erstens der Bewerber motiviert ist und zweitens auch von seinen Qualifikationen ein geeigneter Kandidat für die ausgeschrieben Stelle zu sein scheint. Fehlt die Motivation, wie in dem oben angeführten Negativbeispiel, erübrigt sich alles weitere. Sind eine Vielzahl von Bewerbungen eingegangen, so erfolgt oft schon eine Vorauswahl anhand des Anschreibens. Erhält der Personalreferent anhand der Darstellungen im Anschreiben nicht den Eindruck, dass der Kandidat von seinen Qualifikationen her „spannend“ sein könnte, wird er die weiteren Unterlagen des Kandidaten nicht analysieren. Das gilt vor allem, wenn eine Vielzahl von Bewerbungen vorliegen und der Personalreferent ohnehin „die Qual der Wahl“ und einen hohen Zeitaufwand für die Sichtung der Unterlagen hat. Dieser Punkt hat gegenwärtig aufgrund des Fachkräftemangels an Bedeutung verloren.

b)
Die Bewerbungsunterlagen sind zunächst einmal vergangenheitsbezogen. Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse informieren über in der Vergangenheit erworbene Fähigkeiten und erbrachte Leistungen. Aber sind diese noch aktuell? Ein Informatiker kann beispielsweise in seinem Studium und in seinen ersten Berufsjahren hervorragende Fachkenntnisse erworben haben. Wenn er aber in den letzten 20 Jahren diese Kenntnisse nicht aktualisiert hat, sind sie heute voraussichtlich völlig veraltet. Oder einem Vertriebsmitarbeiter kann in seinen Arbeitszeugnissen bescheinigt werden, dass er eine hochmotivierte „Verkaufskanone“ ist mit herausragenden sozial-kommunikativen Kompetenzen. Vielleicht hat sich aber seine Einstellung inzwischen aufgrund von Entwicklungen in seinem Privatleben auch im geschäftlichen Bereich grundlegend verändert. Die Angaben in den Bewerbungsunterlagen müssen also unbedingt auf ihre Aktualität überprüft werden.

Eine Überprüfung der Angaben aus den Bewerbungsunterlagen ist auch aus einem anderen Grund notwendig. Ihr Wahrheitsgehalt muss generell überprüft werden. Aufgrund der modernen Informationstechnologie lassen sich Arbeitszeugnisse beispielsweise heute relativ leicht fälschen. Der Informationswert der Arbeitszeugnisse ist dabei sowieso oft zweifelhaft, da Arbeitszeugnisse wohlwollend formuliert werden müssen und Arbeitgeber langwierige Auseinandersetzungen deswegen mit den ausscheidenden Mitarbeitern oft scheuen. In Konsequenz werden im Arbeitszeugnis kritische Sachverhalte nicht angesprochen oder die Mitarbeiter werden vom Vorgesetzen gleich darum gebeten, ihr Zeugnis „vorzuformulieren“.

Viele Kompetenzen können des Weiteren aus Bewerbungsunterlagen nicht oder nur unzureichend entnommen werden. Das gilt insbesondere für personale und sozialkommunikative Kompetenzen. Passt auch die berühmte „Chemie“?

Last but not least müssen viele weitere Fragen geklärt (und verhandelt) werden. Wie stellt sich der Mitarbeiter seine mögliche Entwicklung im Unternehmen vor? Was sind generell seine Erwartungen? Wann könnte er zur Verfügung stehen? Wird man sich bei den Gehaltsvorstellungen einig?

c)
Das Unternehmen muss die Reisekosten nicht übernehmen bzw. kann es die Reisekosten auch nur in einem bestimmten Umfang übernehmen. Dazu ist es aber notwendig, dass das Unternehmen darauf bei seiner Einladung explizit schriftlich hinweist. Macht es dies nicht, ist das Unternehmen nach §670 BGB zur Erstattung der Kosten verpflichtet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bewerber eingestellt wird oder nicht.