4.4.B Kostenartenrechnung
Abschreibungsbasis – Lösung

Die Abschreibungsbasis ist bei den kalkulatorischen Abschreibungen nicht zwingend vorgegeben. Die Wahl der Abschreibungsbasis wird sich vielmehr nach dem in dem Unternehmen vorliegenden Gewinnverständnis ausrichten:

Beim Konzept der nominellen Kapitalerhaltung geht man davon aus, dass Gewinn erzielt wurde, wenn das Eigenkapital absolut zugenommen hat. Dies ist das in der externen Rechnungslegung vorgeschriebene Gewinnverständnis. Bei der nominellen Kapitalhaltung bilden die Abschreibungsbasis die Anschaffungswerte des Vermögensgegenstands.

An dem Konzept der nominellen Kapitalerhaltung kann kritisiert werden, dass sich in der Zwischenzeit im Normalfall die Kaufkraft des Eigenkapitals verändert haben wird. Gewinn wird erst erzielt, wenn das um die Kaufkraftveränderung bereinigte Eigenkapital zugenommen hat. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von realer Kapitalerhaltung.

Die Kaufkraftveränderung wird bei der realen Kapitalerhaltung durch einen Preisindex berücksichtigt. Ein ausgeglichenes Ergebnis muss aber bei der realen Kapitalerhaltung noch nicht unbedingt die Möglichkeit der Wiederbeschaffung der Vermögensgegenstände des Unternehmens gewährleisten, da sich die Wiederbeschaffungswerte der speziellen Vermögensgegenstände des Unternehmens anders als ein allgemeiner Preisindex entwickelt haben können. Wird eine Gewinnerzielung erst unterstellt, wenn die Wiederbeschaffung der exakt gleichen Vermögensgegenstände des Unternehmens gewährleistet ist, spricht man von der absoluten Bruttosubstanzerhaltung. Die Abschreibungsbasis bildet folglich der Wiederbeschaffungspreis desselben Vermögensgegenstands.

Für die Sicherung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens muss aber die Möglichkeit der Wiederbeschaffung derselben Vermögensgegenstände nicht ausreichend sein, da durch den technischen Fortschritt die Produktionsanlagen ständig verbessert werden. Man kann also die Auffassung vertreten, dass Gewinn erst dann erzielt wird, wenn die Wiederbeschaffung der technisch verbesserten Vermögensgegenstände gesichert ist. Man bezeichnet dieses Gewinnverständnis als die qualifizierte Bruttosubstanzerhaltung.

Die meisten Unternehmen finanzieren ihr Vermögen sowohl mit Eigen- als auch mit Fremdkapital. Die Formen der Bruttosubstanzerhaltung berücksichtigen die Kapitalstruktur eines Unternehmens nicht. Es wird davon ausgegangen, dass der Anstieg der Preise für die Vermögensgegenstände vollständig durch Eigenkapital zu finanzieren ist. Die Folge wäre eine im Zeitverlauf vollständige Eigenfinanzierung. Eine zusätzliche Berücksichtigung der Kapitalstruktur führt deshalb zur Nettosubstanzerhaltung, die eine Mischform aus Kapital- und Substanzerhaltungskonzeptionen darstellt. Bei diesem Gewinnverständnis muss nur die Wiederbeschaffung der mit Eigenkapital finanzierten Vermögensgegenstände gesichert sein. Die Schwierigkeit besteht bei diesem Gewinnverständnis darin, festzulegen, welche Vermögensgegenstände durch Eigenkapital finanziert sind. Es kommen zwei Verfahren zur Anwendung: entweder wird davon ausgegangen, dass jeder Vermögensgegenstand entsprechend der Kapitalstruktur gemischt finanziert ist oder dass die längerfristig gebundenen Vermögensgegenstände durch Eigenkapital finanziert werden.

In der betriebswirtschaftlichen Literatur zur Kostenrechnung wird zumeist den Bruttosubstanzerhaltungskonzeptionen der Vorzug gegeben. Begründet wird dies damit, dass es für die Kostenrechnung nicht von Interesse ist, welchen Beitrag Eigen- oder Fremdkapitalgeber hinsichtlich des steigenden Kapitalbedarfs leisten.

Wird die Bruttosubstanzerhaltung zugrunde gelegt, stellt sich die Frage, ob als Abschreibungsbasis der Wiederbeschaffungswert am Tag der Wiederbeschaffung oder durchschnittliche Zeitwerte in der Rechnungsperiode anzusetzen ist. Beide Standpunkte werden vertreten. Theoretisch korrekt ist der Ansatz der Preise zum Wiederbeschaffungszeitpunkt. Für den Ansatz von durchschnittlichen Zeitwerten in der Rechnungsperiode werden eher pragmatische Gründe angeführt, insbesondere die Unsicherheit bei der Prognose des Ersatzzeitpunkts und des Wiederbeschaffungswerts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird in Kauf genommen, dass die Abschreibungen tendenziell zu niedrig sind.

Die tatsächliche Nutzungsdauer einer Anlage kann sowohl länger als auch kürzer als die geplante Nutzungsdauer sein. Im Fall einer kürzeren Nutzungsdauer erfolgen keine kalkulatorischen Abschreibungen in den Folgeperioden mehr. Bei einer längeren Nutzungsdauer werden die kalkulatorischen Abschreibungen fortgesetzt, allerdings unter Berücksichtigung der neuen Nutzungszeit. Dies kann dazu führen, dass die Summe der Abschreibungen die Abschreibungsbasis sowohl übersteigt als auch niedriger ist. Dies kann damit begründet werden, dass die Kostenrechnung den bewerteten betrieblich veranlassten Güter- und Dienstleistungsverzehr einer Periode wiedergeben soll. Es ist daher eine von den anderen Perioden isolierte Betrachtung vorzunehmen.